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Sebastian Poullie
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Film [Biographie, Musik]

Bohemian Rhapsody

Tafel mit Noten und Aufschrift "Bohemian Rhapsody"

Disney+
Biographie, Musik

Musiker-Biographien sind für die Kino-Charts wie die Sahne im Kakao: es fällt nicht wirklich auf, wenn sie fehlen, aber wenn sie da sind, freut man sich doch jedes Mal. Und auch, wenn man meistens schon ganz genau weiß, was man bekommt, hält sich das Genre doch stetig sowohl in den Oscar-Nominierungen, als auch unter den Lieblingen der Kritik. Rocketman, Walk The Line und Bohemian Rhapsody stechen da besonders hervor. Und nun gibt uns Amazon Prime Video seit Oktober die Chance, letzteren Film zu rewatchen oder nachzuholen.

Heute geht es darum, was Bohemian Rhapsody besser macht als andere, wofür man den Film kritisieren darf, und warum seine Produktion bis heute Fragen aufwirft.


Zwei Stunden Freddie Mercury Hitparty!

Fans von Queen und Sänger Freddie Mercury werden in Bohemian Rhapsody auf alle Fälle auf ihre Kosten kommen. Beinahe jeder große Hit findet seinen Platz, weswegen man eigentlich gar nicht umhin kommt, sich von der Stimmung anstecken zu lassen. Ach ja, der Song! - Den hab ich schon ewig nicht gehört - Ich hab vergessen, wie gut der war - Diese Gedanken bekommt man kostenlos zum Film dazu. Außerdem die Garantie, sich später auf Spotify mal wieder durch eine Best Of Queen Playlist zu hören. In Sachen Musik macht der Film alles richtig. Teilweise on Stage, teilweise als Soundtrack, und manchmal auch beides: Tonschnitt und Musik schaffen es, die zwei Stunden zu einer flüssigen Queen-Erfahrung zu machen, die vor Leidenschaft für die Musik nur so brennt.

Zwei Stunden Geschichtsverzerrung?

Allerdings musste Bohemian Rhapsody auch schon viel Kritik einstecken. Nicht selten wurde die Meinung laut, dass die Geschichte des Sängers in dem Film bewusst verzerrt und angepasst wurde. Hier kommt erschwerend hinzu, dass Freddie Mercury selbst nicht mehr am Leben ist, um ein Statement dazu abzugeben - sehr wohl aber seine drei Bandkollegen, die in dem Film zufälligerweise sehr viel besser davon kommen als Mercury. Während sich die drei brav zurückhalten, lebt der Sänger als einziger ein ausschweifendes Partyleben, das ihm bald zu Kopf steigt. Dieses Partyleben wird zwar erwähnt, aber auf der Leinwand ausgespart. Insgesamt wird Mercurys Lebenslauf glatt poliert und publikumsfähig gemacht. Wirklich konsequent waren die Macher also in keiner Hinsicht. Die Elton John Biographie Rocketman, die ein Jahr später erschien, hat sich in dieser Hinsicht wesentlich mehr getraut. Die Kritik an den Machern ist somit absolut berechtigt und geht weit darüber hinaus, dass ein paar zeitliche Abläufe und Daten im Sinne der Handlung angepasst wurden.

Zwei Stunden Produktionschaos...

Die Produktionsumstände von Bohemian Rhapsody werfen so einige Fragen auf und sind vielleicht noch spannender als der Film selbst. Für Unruhe sorgte nämlich ein Oscar-Gewinn: Der für den besten Filmschnitt. Normalerweise ist der Filmschnitt keine besonders kontroverse Kategorie, doch kursierten zum Zeitpunkt der Verleihung bereits unzählige Video-Essays darüber, wie inkohärent und seltsam der Schnitt von Bohemian Rhapsody an vielen Stellen erscheint. Da liegt eine Frage nahe: Wieso bekommt Cutter John Ottman ausgerechnet für diesen unterdurchschnittlichen Job einen Oscar? Eine Theorie hält sich hartnäckig.

X-Men Regisseur Bryan Singer wird zwar als Regisseur des Films gelistet, aber ist auch wirklich Singer drin, wo Singer drauf steht? Tatsächlich wurde der Regisseur aufgrund von wiederholten Ärgernissen am Set während des Drehs gefeuert und durch Dexter Fletcher ersetzt. Cutter John Ottman hatte im Schnitt damit womöglich keinen Regisseur an seiner Seite, der beim Dreh vor Ort war und somit den Überblick hatte. In Hollywood kursiert das Gerücht, dass er den Oscar dafür erhalten hat, aus dem Film überhaupt ein brauchbares Endprodukt geschaffen zu haben - ein kleines Fleißsternchen aus Gold sozusagen. Beim Gucken kommt man trotzdem nicht umhin, bei einigen Szenen die Stirn zu runzeln. Man spürt, dass es irgendwo in der Produktion gehakt hat.

Fazit:  3,5/5 Kronen-Outfits. Ein mitreißender, musikalischer Film mit tollem Hauptdarsteller, den man immer wieder gucken kann - nur historisch sollte man ihn nicht auf die Goldwaage legen.


Unsere Serien- und Film-Expertin

Hannah Schürkamp - Film-Enthusiastin & Studentin (Geschichte, Englisch)

Hannah Schürkamp sitzt auf einem Sofa und schaut zur Seite
Foto: Sebastian Schütte

Nach zwei Semestern Medien-Studium habe ich mich schlussendlich dagegen entschieden, beruflich am Set zu arbeiten - meine Begeisterung für Filme und Serien hat dadurch jedoch nicht abgenommen. Egal welches Genre, ob Streaming, Kino oder DVD, Hollywood-Klassiker oder Low Budget-Produktion: sowohl gute als auch weniger gute Filme schaue und diskutiere ich unvoreingenommen und mit viel Liebe für die Sache.

Über Anregungen und Kommentare freue ich mich!